| Veranstaltung: | RCDS |
|---|---|
| Antragsteller*in: | Politischer Beirat (dort beschlossen am: 25.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Verfahrensvorschlag: | Abstimmung (Abgelehnt) |
| Angelegt: | 29.09.2025, 14:26 |
L1: Aufbau eines nationalen Bildungsfonds als zusätzliche Säule der Studien- und Ausbildungsfinanzierung
Antragstext
Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) fordert die Bundesregierung
auf, ein Gesetz zur Errichtung eines nationalen Bildungsfonds vorzulegen, das
als zusätzliche, staatlich garantierte Säule der Bildungsfinanzierung die
folgenden Kernmerkmale verbindlich regelt: der Fonds soll allen Bürgerinnen und
Bürgern während einer Phase verbindlicher Ausbildung oder beruflicher
Weiterbildung eine Finanzierung ermöglichen; die Auszahlung kann in Form
monatlicher Lebenshaltungsbeträge und ggf. zur Deckung von Studiengebühren
erfolgen, wobei maximale Auszahlungshöhen für unterschiedliche
Ausbildungsprofile gesetzlich festgelegt werden (Orientierungsrahmen: zwischen
30.000 € und 70.000 € insgesamt bzw. bis zu 1.000 € monatlich). Die Rückzahlung
wird als einkommensabhängige Beteiligung ausgestaltet; sie ist nach einem
vertraglich bestimmten Mindesteinkommen zu leisten, bei Unterschreiten dieses
Mindesteinkommens wird die
Rückzahlung ausgesetzt oder reduziert, und die Rückzahlungspflicht kann durch
eine gesetzliche Deckelung des maximal zu leistenden Gesamtbetrags begrenzt
werden. Der Staat soll die rechtlichen Vertragsformen ausgestalten. Bei der
Gestaltung eines Bildungsfonds soll eine mögliche Beteilung der Wirtschaft an
einem nationalen Bildungsfonds geprüft werden. Des Weiteren soll der Bund ein
befristetes Pilotprogramm initiieren, das eine umfassende Evaluierung der
Wirkungen und rechtlichen Rahmenbedingungen prüft.
Begründung
Bildung ist der Schlüssel zu individueller Freiheit, sozialem Aufstieg und
gesellschaftlichem
Fortschritt. In Zeiten von Fachkräftemangel, internationalem Wettbewerb und der
Notwendigkeit lebenslangen Lernens kommt einer chancengerechten
Bildungsfinanzierung eine zentrale Bedeutung zu. Noch immer hängt die Aufnahme
und erfolgreiche Durchführung von Studium oder Ausbildung zu stark von der
finanziellen Situation des Elternhauses ab. Doch angesichts des demografischen
Wandels sinkt die Zahl der Schulabgänger kontinuierlich. So nahm die Zahl der
Studienberechtigten im Jahr 2023 um 1 Prozent gegenüber dem Vorjahr ab1.
Gleichzeitig scheitern viele junge Menschen nicht an
ihrer Begabung, sondern an den finanziellen Hürden eines Studiums oder einer
Ausbildung. Das derzeitige BAföG-System ist elternabhängig, bedarfs- und
leistungsabhängig und weist gravierende Defizite auf. Die Bedarfssätze
entsprechen nicht mehr den Lebensrealitäten junger Menschen in Ausbildung, da
die Wohnkosten in Universitätsstädten seit 2022 jährlich um durchschnittlich 6,2
Prozent steigen, und die Beantragung bürokratisch, langwierig und mit
Unsicherheit verbunden ist. Aktuell erhalten nur noch etwa 11 Prozent der
Studierenden BAföG – eine historisch niedrige Quote. Weniger als 3% nutzen
Studienkredite, wobei KfW-Studienkredite am häufigsten in Anspruch genommen
werden. Nur ein geringer Teil der in Deutschland Studierenden, nämlich weniger
als 3 %, wird von kirchlichen oder parteinahen Stiftungen gefördert, erhält
Mittel von Begabtenförderungswerken oder aus dem sog. Deutschlandstipendium2.
Diese strukturellen Probleme verstärken soziale Ungleichheiten und gefährden das
Versprechen, dass Aufstieg durch Bildung möglich ist. Angesichts der
Herausforderungen durch demografische Lasten, wirtschaftliche Transformation und
Zeitenwende muss Deutschland neue Wege in der Bildungsfinanzierung beschreiten.
Klassische Instrumente wie BAföG, private Stipendien oder Studienkredite greifen
nicht ausreichend und erreichen nur einen kleinen Teil der bedürftigen
Studienanfängerinnen und -anfänger. Gleichzeitig entstehen im Bereich der
Studienfinanzierung neue Marktmodelle, sogenannte Bildungsfonds, die anders als
klassische Kredite Rückzahlungen einkommensabhängig gestalten und damit den
Versicherungs- und Solidaritätsgedanken stärker berücksichtigen. Diese
Entwicklungen bieten Ansätze, ein staatlich flankiertes, bundesweit verfügbares
Instrument zu schaffen, das einerseits rasch und niedrigschwellig wirkt und
andererseits rechtlich und fiskalpolitisch sauber eingebettet wird. Der
nationale Bildungsfonds setzt hier an und schließt eine wesentliche Lücke in der
Studienfinanzierung. Sein solidarisches Geschäftsmodell unterscheidet sich
grundlegend von klassischen Krediten: Rückzahlungen hängen von der
Einkommenshöhe ab.
Die vertragliche Beziehung zwischen dem Bildungsfonds und dem geförderten
Auszubildenden lässt sich zeitlich in zwei Phasen unterteilen, d. h. in eine
Auszahlungs- und eine Rückzahlungsphase. Die Zahlungsmodalitäten sollen dabei
flexibel ausgestaltbar sein, um unterschiedliche Studien- und Lebenssituationen
zu berücksichtigen. Die maximale Auszahlungssumme soll je nach Studienart
zwischen 30.000 € und max. 70.000 € liegen, mit einer monatlichen Obergrenze von
1.000 €. Dies orientiert sich am durchschnittlichen Finanzbedarf von ca. 900 €
monatlich3. Die maximale Förderungsdauer richtet sich dabei je nach Studienart
(Bachelor, Master, Staatsexamen, etc.) und soll je nach persönlicher
Ausgestaltung Regelstudienzeit plus zwei Semester nicht überschreiten dürfen.
Die Rückzahlungsphase beginnt nach Abschluss des Studiums und nach Aufnahme
einer Erwerbstätigkeit und soll je nach vertraglicher Ausgestaltung zehn bis 20
Jahre dauern. Die Höhe der zu leistenden (monatlichen) Rückzahlungsraten
orientiert sich dabei wiederum an der Höhe des (Brutto) Jahreseinkommens des
Geförderten. Hiervon ist ein bestimmter Prozentsatz an den Bildungsfonds zu
entrichten4. Zusätzlich wird ein maximaler Rückzahlungsbetrag vereinbart, der
die Rückzahlungsverpflichtung des Geförderten insgesamt auf einen Höchstbetrag
begrenzt. Dieser kann allerdings deutlich über dem ausgezahlten Betrag liegen.
Erreicht das Einkommen des Geförderten während des gesamten
Rückzahlungszeitraums die maximale Bemessungsgrundlage, so kann sich im
Einzelfall rechnerisch ein effektiver Jahreszins ergeben, der weit über dem
herkömmlicher Studienkredite liegt5. Bei geringem Einkommen des Geförderten
fällt der effektive Jahreszins dagegen niedriger aus. Wird ein monatliches
Mindesteinkommen nicht erreicht, so wird die Rückzahlungspflicht in dem
betreffenden Monat in Gänze ausgesetzt. Erreicht der Geförderte das vereinbarte
Mindesteinkommen in einzelnen Jahren oder auch während des gesamten
Rückzahlungszeitraums nicht, so ist der Vertrag gleichwohl mit Ablauf des
Rückzahlungszeitraums beendet, auch ohne dass die ausgezahlte Summe
(vollständig) zurückgezahlt wurde. Im Einzelfall kann der zurückzuzahlende
Betrag damit also niedriger sein als der ausgezahlte. Im Extremfall – etwa bei
dauernder Arbeitslosigkeit oder voller Erwerbsminderung – entfällt die
Rückzahlungsverpflichtung vollständig. Der teilweise oder auch vollständige
Zahlungsausfall einzelner Geförderter wird jedoch durch die höheren
Rückzahlungen gutverdienender Absolventen ausgeglichen. Das individuelle
Einkommensrisiko des einzelnen Geförderten wird entsprechend dem
Versicherungsprinzip zunächst vom Fonds, letztendlich aber von der
Solidargemeinschaft der Geförderten getragen6. Wird eine Ausbildung nicht
abgeschlossen, wird zusätzlich zum bereits ausgezahlten Betrag eine vertraglich
vereinbarte Zusatzsumme fällig.
Das BAföG soll weiterhin ein wichtiges Instrument für sozial Benachteiligte
bleiben und sichert das Aufstiegsversprechen des Sozialstaates. Der nationale
Bildungsfonds entlastet die Ämter und schafft eine unbürokratische Ergänzung und
erweitert die Reichweite staatlicher Unterstützung. Im Gegensatz zum nationalen
Bildungsfonds wird im BAföG ein nicht zurückzuzahlender Zuschuss gewährt. Durch
den nationalen Bildungsfonds sollen Studenten angesprochen werden, die nicht
oder nur knapp unter das BAföG fallen.
Private Bildungsfonds hingegen fördern oft nur leistungsstarke Studierende in
renditestarken Fächern und ermöglichen den Geförderten zusätzlich die Teilnahme
an Coachings zur Unterstützung bei Bewerbung für Praktika und Berufseinstieg.
Ebenfalls wird das vertragliche Konzept privater Bildungsfonds im Rahmen von
Entwicklungshilfeprojekten für Studenten aus Entwicklungs- oder Schwellenländern
genutzt7.
Neben BaföG, einem nationalen Bildungsfonds und Stipendien, bietet ein
funktionierender Finanzmarkt vielfältige Möglichkeiten, Aufstiegschancen zu
finanzieren8. Studienkredite wie der KfW Studienkredit bleiben eine Option für
Studenten, die planbare, feste Rückzahlungsraten bevorzugen. Sie sind mit Zinsen
und starren Rückzahlungsverpflichtungen verbunden, die ein höheres individuelles
Risiko bergen. Der nationale Bildungsfonds stellt dagegen eine langfristige
Option dar, der im Einzelfall höhere Zinsen ergibt.
Die deutsche Wirtschaft profitiert in besonderem Maße von gut ausgebildeten
Absolventinnen und Absolventen, beteiligt sich jedoch bislang – abgesehen von
der dualen Ausbildung – kaum an der Studienfinanzierung. Es soll daher die
Möglichkeit einer Beteiligung der Wirtschaft am nationalen Bildungsfonds geprüft
werden. Der Fonds könnte Partizipationsmöglichkeiten für Unternehmen vorsehen,
beispielsweise über steuerliche Anreize oder gezielte Partnerschaften. Dabei
muss gewährleistet bleiben, dass die Beteiligung nicht zu selektiver Förderung
oder einer Benachteiligung bestimmter Studiengänge führt. Vielmehr kann die
Einbindung externer Liquidität zu einer Win-Win-Situation für Staat, Wirtschaft
und Auszubildenden werden.
Der Bund soll den nationalen Bildungsfonds mit einem befristeten Pilotprojekt
mit umfassender Evaluierung auf dessen Auswirkungen und rechtlichen
Rahmenbedingungen prüfen. Abschließend lässt sich sagen, dass ein nationaler
Bildungsfonds kein Ersatz ist, sondern eine notwendige Ergänzung zu bestehenden
Instrumenten. Er verbindet den Solidaritätsgedanken einkommensabhängiger
Rückzahlung mit der Flexibilität moderner Finanzierungsmodelle. Durch ein
staatlich initiiertes Pilotprogramm mit Evaluation können Chancen, Risiken und
rechtliche Implikationen überprüft werden. Der Bildungsfonds ist damit ein
zentrales Instrument, um Chancengerechtigkeit zu fördern, Bildungsaufstieg zu
ermöglichen und den Fachkräftebedarf Deutschlands nachhaltig zu sichern.
1Die statistischen daten entstammen dem statistischen Bundesamt
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/02/PD24_071_21.html
(Abruf: 24. 9. 2025).
2 Möller, Matthias and Vogel, Hans-Gert. "Studienfinanzierung durch
Bildungsfonds – Gestaltung, Rechtsnatur und anwendbare Vorschriften",
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft, vol. 36, no. 3, 2024, pp. 194-201.
3Die statistischen Daten in diesem Abschnitt entstammen dem Check
Studienfinanzierung in Deutschland 2023 des CHE,
https://www.che.de/download/checkstudienfinanzierung-2023/ (Abruf: 24. 9. 2025).
4 In dem vom OLG Stuttgart BKR 2019, 88 entschiedenen Fall waren während der 84
Monate dauernden Rückzahlungsphase jeweils 8,1 % des zwölften Teils der
jährlichen Bruttoeinkünfte des Geförderten zu entrichten. Dabei betrug die
Maximalbemessungsgrenze im ersten Jahr 8.000 € und erhöhte sich in den
Folgejahren um jeweils 10 %. Unterhalb eines monatlichen Unterhalb eines
monatlichen Mindesteinkommens von 1.500 € wurden keine Rückzahlungen geschuldet.
5 In dem vom OLG Köln BeckRS 2017, 151491 entschiedenen Fall lag dieser bei ca.
15%
6Vgl. Scholl, BKR 2019, 76, 78.
7Siehe etwa https://malengo.org/uganda-germany-program zu einem Programm
für Studierende aus Uganda (Abruf: 24. 9. 2025).
8 Siehe hierzu auch den Beschluss des MIT-Bundesvorstandes (gemeinsam mit dem
RCDS und der Jungen Union) vom 2. Juli 2024; https://www.mit-
bund.de/content/finanzierung-der-hochschulbildung-zukunftsfest-machen.
